Der Parque do Ibirapuera, der als São Paulos Antwort auf den New Yorker Central Park gilt, ist wohl der bekannteste Park der Megacity.
Kulturbeflissenen, Skatern, Radfahrern, Joggern und Spaziergängern wird in dem 1954 eröffneten Park, in dessen Gestaltung der berühmte Architekt Oscar Niemeyer und der Landschaftsarchitekt Roberto Burle Marx eingebunden waren, einiges geboten. Frühaufsteher sollte man allerdings sein, denn in den Nachmittagsstunden, insbesondere am Sonntag, bevölkern Heerscharen das innerstädtische Grün.
Als grünes Paradies gilt der Park der Fundação Maria Luisa e Oscar Americano (Av. Morumbi, 4077), der sich tatsächlich höchst idyllisch präsentiert. In den Abmessungen eher übersichtlich, lädt er allerdings weniger zum Wandern, als denn zum Schlendern in subtropischem Ambiente und zum kurzen Verweilen ein, vielleicht zum Nachmittagstee im berühmten Tea Room.
Auch der in unmittelbarer Nähe gelegene Parque Burle Marx (Av. Dona Helena Pereira de Morais, 200), benannt nach Roberto Burle Marx, der als Vater tropischer Landschaftsarchitektur gilt, hat durchaus Charme, aber, ebenso wie der Park der Fundação, wenig Fläche.
Etwas weitläufiger ist der Parque da Independência in Ipiranga, der durch seine Versailles nachempfundene Parkanlage, sein im Stile der Renaissance zu Ehren Dom Pedros I, der 1822 Brasiliens Unabhängigkeit erklärt hatte, erbautes Schloss besticht. Die perfekte Location für Flanieren und Fitness.
Ganz anders die Serra da Cantareira, die sich über eine Fläche von 7.916 Hektar erstreckt und damit in etwa so groß ist wie 6.000 Fußballfelder. Knapp über zehn Kilometer von der Innenstadt entfernt, liegt diese Oase, die allerdings weit weniger bekannt ist, als die genannten Grünanlagen. Weitläufig, wunderschön, am Rande der Megacity und doch ein Geheimtipp. Für Newcomer schwer nachvollziehbar.
Nur zufällig bin ich auf ihre Existenz gestoßen, denn neben einem Panoramaflug und einer Nachttour bietet das Helikopterunternehmen, bei dem wir unseren Rundflug über die Megacity gebucht hatten, einen Ausflug in ein Resort, das in den Ausläufern der Serra da Cantareira liegt. Mehr als eine Randnotiz wird der Serra dort allerdings nicht gewidmet. Mehr auch nicht auf den Internetseiten der Stadt oder in einschlägigen Publikationen.
Während sich insbesondere zu Carnaval all überall Menschenmassen tummelten, war die Serra, die wir am Wochenende zum zweiten Mal besuchten, nahezu menschenleer. Nur eine Handvoll Paulistanos und einige eiserne Japaner hatten sich für einen Spaziergang an diesem besonderen Ort entschieden.
Nachdem uns unsere erste, 9,6 Kilometer lange Tour auf die 1.010 Meter hohe Pedra Grande, den großen Stein, geführt hatte, von dem wir einen atemberaubenden Panoramablick auf die Stadt genossen hatten, wählten wir dieses Mal den Trilha da Bica, einen 1,5 Kilometer langen Rundweg mitten durch die Mata Atlântica, den atlantischen Regenwald . Wildromanisch, zauberhaft – mit einer Art Wasserhahn, einem “Bica”, an dem man sich auf halber Strecke erfrischen kann.
Wir wollten mehr wissen. Ich erkundigte mich bei einem der Parkwächter, der mir ein kleines Informationsblatt überreichte: Der Parque Estadual Cantareira, so war zu lesen, verfügt über vier Núclei, Bereiche, mit jeweils ganz unterschiedlichen Facetten. Allein in „unserem“ Núcleo, dem Núcleo Petra Grande, der 1989 als erster Bereich der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, gibt es außerdem den Trilha das Figueiras, den Feigenpfad, der sich über 1,2 Kilometer erstreckt, einen kleinen See und viel mehr nahezu unberührte Natur zu entdecken.
Ich forschte an anderer Stelle weiter: Die Serra da Cantareira gilt als größter Stadtwald der Welt, noch vor dem Nationalpark Tijuca in Rio de Janeiro, der mit 3.972 Hektar aber nur etwa halb so groß ist.
Den Namen “Cantareira” erhielt der Gebirgszug von den Tropeiros, den Anführern von Maultier- und Eseltransporten, die die Region auf ihrem Weg nach Minas Gerais im 16. und 17. Jahrhundert passierten. Zu dieser Zeit wurde Wasser in Krügen, “Cantaros”, gespeichert, die in eigens dafür eingerichteten Regalen, sogenannten “Cantareiras” aufbewahrt wurden.
Heute schützt der Parque Estadual Cantareira, der 1993 in den sogenannten Cinturão Verde de São Paulos, den „Grünen Gürtel“ einbezogen wurde, und als Teil dessen zum UNESCO-Biosphärenreservat gehört, die zahlreichen Quellen, Wasserläufe und Reservoirs (Cabuçu, Engordador und Barrocada), die die Trinkwasserversorgung des Nordens São Paulos sicherstellen.
Zu entdecken bleiben der Núcleo das Águas Claras, der Núcleo Engordador, im dem eine historische Pumpstation, die “Casa da Bomba“, die von deutschen Ingenieuren im 19. Jahrhundert konstruiert wurde, besichtigt werden kann und der Núcleo Cabuçu, der erst kürzlich zugänglich gemacht wurde.