FORÇA DE VONTADE – titelt das auflagenstarke brasilianische Wochenmagazin Veja in dicken roten Lettern. Im Hintergrund der Fußballspieler Ronaldo, o Fenômeno, mit nacktem Oberkörper, der kritisch seinen dicken Bauch abtastet. Der Ausnahmeathlet, der am 14. Februar 2011, zwei Tage nach meiner Ankunft in Brasilien, seinen Abschied vom Profisport erklärt hatte, ist ausgesprochen beliebt. Seine Popularität, schreibt Veja in seiner Februar-Ausgabe, sei vergleichbar mit der Pelés und Ayrton Sennas. So zog die Fußballikone der 1990er Jahre zum Anlass seines Abschieds sage und schreibe 480 Pressevertreter auf das Trainingsgelände seines letzten Vereins, des Sport Club Corinthians Paulista, kurz Corinthians, 30 Journalisten mehr als zur Vereidigung von Präsidentin Dilma Rousseff am 1. Januar 2011 erschienen waren.
Eines Abends, in einer Werbepause der “Novela das nove”, der 21-Uhr-Telenovela, sah ich ihn zum ersten Mal bewusst wieder, besser: Ich sah einen kräftigen Mann, der mir bekannt vorkam. Zusammen mit dem omnipräsenten Neymar, dem brasilianischen Nachwuchsspieler, warb der für Claro, einen der nationalen Telekommunikationsanbieter. „Das ist Ronaldo“, erklärte mein Mann, als hätte er meine Frage erraten. „Kaum wiederzuerkennen“, kommentierte ich, denn der Mann auf dem Bildschirm unterschied sich optisch sehr vom Spitzensportler Ronaldo. Er musste stark zugenommen haben. Nicht, dass ich seinem Körperbau zu seinen Glanzzeiten viel Beachtung geschenkt hätte. Vielmehr waren mir seine damals eher unglücklich gewählte Frisur, sein Stoppelhaarschnitt mit der Tolle in der Stirn, und seine „Hasenzähne“, die er heute nicht mehr hat, ins Auge gestochen.
Vergangene Woche nun sah ich Ronaldo wieder, in einem Einspieler, der den Ex-Athleten sichtlich angestrengt auf einem sportmedizinischen Untersuchungsgerät zeigte. Ronaldo würde seinen Lebensstil ändern, war zu erfahren. In den kommenden drei Monaten werde er mit Ernährungsberatern und einem persönlichen Trainer abnehmen, alles unter sportmedizinischer Aufsicht, zu verfolgen in der Globo-Sendung Fantastico, in der für Ronaldo entwickelten Rubrik “Medida Certa – O Fenômeno”.
Das passt gut, dachte ich mir, denn auch ich hatte mich entschieden, etwas zu unternehmen. Abnehmen und wieder mehr Sport zu treiben, hatte ich ganz oben auf meine Agenda gesetzt, denn nach meinem erfolgreichen Abnehmprogramm mit Almased Anfang Dezember des Vorjahres hatten sich die abgenommenen Pfunde erst unmerklich und schließlich sichtbar in Hüftgold verwandelt. Auch unser Sportprogramm, das wir im Mai begonnen und konsequent drei Mal pro Woche absolviert hatten, war unregelmäßig geworden.
So wertvoll und wirksam Almased ist: Eine Formula-Diät würde mich langfristig nicht weiterbringen. Wie Ronaldo, müsste ich meine Gewohnheiten ändern. Sicher der schwerste Schritt bestünde darin, den “doces e sobremesas”, den Süßigkeiten und dem Nachtisch, abschwören. „Die kannst Du durch (süße) Früchte oder etwas Honig ersetzen“, tröstete mich meine Mutter. Eine gute Idee. Auch würde ich auf mein bewährtes Rezept zurückgreifen: Klassische Kohlehydrate müssten aus meinem Speiseplan eliminiert werden und durch Proteine ersetzt werden.
„Kein Wunder, dass Du Dein Gewicht jahrelang halten konntest“, erklärte mein Mann, der wenig mit meinen Abnehmtricks anfangen kann. „Fragt sich nur, ob eine Ernährung, die ausschließlich aus körnigem Frischkäse und Volvic Kirsche besteht, wirklich gesund und sinnvoll ist.“
In der Tat ist körniger Frischkäse mein Geheimtipp, noch heute, nachdem ich, nach zahllosen Fehlversuchen, auch hier meine Marke gefunden habe. Ähnlich ging es mir mit dem gesunden Queijo Minas Frescal, den ich, bis ich den Richtigen gefunden hatte, eher gewöhnungsbedürftig fand.
Voller Tatendrang habe ich mein kulinarisches Gewohnheits-Änderungs-Programm begonnen und gehe inzwischen auch wieder regelmäßig in die Academia, das Sportstudio.
Am vergangenen Samstag traf ich erneut auf Ronaldo, am Kiosk, auf dem besagten Veja-Cover. Auf neun Seiten berichtet das Magazin über O JOGO DA FORÇA DE VONTADE, das Spiel der Willenskraft, das der Ex-Profi begonnen hat. Ronaldo diene - rechtzeitig zum brasilianischen Frühlingsanfang - als Spiegel im Hinblick auf eine der schwierigsten menschlichen Anstrengungen: die innere Kraft, schlechte Angewohnheiten zu verändern. Es macht Mut, dieses Service-Stück, denn spätestens nach der ersten Spalte, denkt sich wohl so manchen Leser: Wenn selbst Ronaldo, dessen schlechte Angewohnheiten minutiös beleuchtete werden, es schafft, kann auch ich es schaffen. 47,4 Prozent von 800 befragten Brasilianerinnen und Brasilianern zwischen 18 und 44 Jahren, so ist zu lesen, wünschten sich, Gewicht zu verlieren. Von den weiblichen Befragten versuchten dies sogar 61 Prozent, auch wenn der Weg zwischen Wunsch und Aktion schwer zu bewältigen sei. Wie es um die eigene Stärke bestellt ist, könne im Rahmen des Servicestücks getestet werden. Die Anstrengung bedürfe keiner magischen Kräfte, wird der Leser getröstet. Fünf wertvolle Regeln, sollen dabei helfen, das eigene Ziel zu erreichen. Ob es um die sportliche Aktivität, das Anliegen, Geld zu sparen, effizienteres Arbeiten, lernen oder üben geht oder den Wunsch, mit dem Rauchen aufzuhören: Veja hat entsprechende Tipps parat.
Während der kommenden drei Monate ist kein Veränderungswilliger auf sich gestellt, denn jeden Sonntag kann er vor dem Fernseher zusammen mit Ronaldo mit FORÇA DE VONTADE, mit Willenskraft, an der “Medida Certa”, dem richtigen Maß, arbeiten.